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"Oberjocoff" im Mülsengrund

Das Zinsregister des Amtes Hartenstein vom Jahre 1493, aufbewahrt im Hauptstaatsarchiv zu Dresden, enthält zunächst die Namen der steuerpflichtigen Einwohner von Mülsen St. Niclas. Auf Blatt 121 taucht die Ortsbezeichnung "Oberjocoff" auf. In der Niclaser Jubiläumsschrift von 1936 übersetzt der Herausgeber Hergert das Wort mit Oberjacob und stellt es gleich mit Mülsen St. Jacob. Dies darf nicht unwidersprochen bleiben, den Oberjacob ist nur der oberste Teil von Mülsen St. Jacob.

Ein Blick in die Vergangenheit lüftet den Schleier. Der Bezirk von Mülsen St. Jacob, der sich an der Hofer Straße bis zur Niclaser Grenze erstreckt, unterstand von jeher der Grafschaft Hartenstein, während der niedere Ort dagegen von der genannten Straße zusammen seit 1486 zur Herrschaft Lichtenstein gehörte. Ein Kuriosum! Eine Grenzlinie mitten durch ein Dorf! Ein heimatliches Beispiel deutscher Kleinstaaterei. (Die Ursache dieser eigenartigen Teilung ist uns nicht bekannt. Schlesinger vermutet, daß sie auf Vorgänge aus der Kolonisationszeit beruht.) Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts trat hier ein Wandel ein. Kurz zuvor noch werden ein Gut, zwei Gärten und dreizehn Häuser von Niederjacob als Lichtensteiner Anteil gemeldet!

Unser Staunen über diese Verhältnisse wird noch größer, wenn wir hören, daß außerdem noch zwei Häuser von Oberjacob in der Nähe der Schule und gar eins in der Nähe des heutigen Arbeitsamtes zu Mülsen St. Micheln gehörten, während umgekehrt ein Gut und ein Garten mitten in Mülsen St. Micheln der Gemeindeverwaltung von Mülsen St. Jacob unterstanden. In kirchlicher Beziehung lag die Sache einfacher: Der Lichtensteiner Anteil von Mülsen St. Jacob wurde von Mülsen St. Jacob aus betreut, und die Besitzer Michelner Anwesen, die zu Jacob gehörten, waren dem Bereich des Michelner Seelsorgers angeschlossen.

Soweit die Erklärung "Oberjocoff". - Zur Hochzeitsfeier für Fräulein Anna von Schönburg 1497 hatte "Milsen" 21 Schock und 24 Groschen beizusteuern. Auch hier setzt Hergert das Wort "Milsen" mit Mülsen St. Niclas und dem ganzen Mülsen St. Jacob gleich, denselben Irrtum wie oben begehend, der niedere Ortsteil brauchte in diesem Fall keine Zahlung zu leisten, worüber man nicht böse gewesen sein wird.

(Aus: Zwickauer Tageblatt und Anzeiger vom 23. Dezember 1940.)